Morgentau & Abendreif

Ich liebe Kurzgeschichten. Sie sind Streiflichter, beleuchten nur einen kurzen Abschnitt im Dasein der Figuren, behandeln ein Problem und machen mir unheimlich viel Spaß. Ich habe schon einige Geschichten in Anthologien untergebracht, aber jetzt betrete ich Neuland:

Ende Juli erscheint im Verlag ohneohren mein erster Kurzgeschichtensammelband. Vier Geschichten mit Wellington, einer Leimrute, Tuv und einem fauligen Kürbis. Von dunkel bis zuckersüß:

Morgentau & Abendreif

Alternde Helden und ein mutiges Mädchen. Ein bedrohlicher Vogel und ein niedlicher Drache. Dieb bei Tageslicht und in finsterster Nacht. Lebendige Abenteuer und eine Geistererscheinung.

Morgentau trifft Abendreif. Diese Geschichten sind wie Tag und Nacht, wie Licht und Schatten, doch auch mit allen Nuancen dazwischen versehen. Vier spannende Abenteuer für zwischendurch, die in fantastische Welten entführen.

Kleiner Monsterreigen

Die missverstandenen Monster aus dem Hause ohneohren sind nun auch als Taschenbuch im frechen Comicformat erhältlich. Überall wimmelt es vor Monstern. Ich habe selten so viel Spaß beim Durchblättern einer Kurzgeschichtensammlung gehabt – auf der Suche nach Monstern!

 

Monsterfüße

Monster aller Arten tummeln sich in diesem Büchlein, und mein „Das aus dem Keller“ mischt fröhlich mit:

Die Küchentür stand halb offen, und von drinnen schlugen Miranda Furcht einflößende Töne entgegen. Erneut das Reißen. Etwas fiel zu Boden – mit einem nassen, endgültigen Laut. Wieder das Knurren.
  Bebend tastete Miranda um den Türstock herum nach dem Lichtschalter und legte diesen um, bevor sie es sich anders überlegen konnte.
  Das Licht flammte auf, beschien ein Chaos aus zerfetzten Tüten, in die Miranda Plätzchen gefüllt hatte. Der Schokoladenkuchen lag in kaum mehr walnussgroßen Brocken auf dem Fußboden verstreut. Überall Zuckerguss in allen Farben. Mehl, Puderzucker, Zuckerstreusel und zwei zerschlagene Eier auf den Fliesen.
  Und auf dem Tisch …
  Da hockte ein Vieh, das in seinen Vorderklauen den Stollen hielt, von dem es gerade abgebissen hatte.
  Es saß. Dicke Füße, Pfoten, Drachenklauen, was auch immer, mit langen Krallen, auf jeder einzelnen davon Kuvertüre und Zuckerguss wie Nagellack. Die Vorderpfoten entfernt wie Händchen, aber auch mit gebogenen Krallen versehen, die sich tief in das puderzuckerbestreute Backwerk gebohrt hatten. Zitronengelbe Augen unter schuppigen Brauenwülsten, ein riesiges Maul, dessen Zähne bis zum Anschlag im Stollen steckten. Ein dicker, schuppenstarrer Schwanz lag halb um das Geschöpf geringelt, das im Lampenschein zur Salzsäule erstarrte.
  Miranda holte tief Luft und klammerte sich am Staubsaugerrohr fest. Dann kreischte sie. Und fühlte sich dabei erbärmlich.
  Das Geschöpf ließ den Stollen fallen, stieß ein schrilles Röhren aus und sprang vom Tisch. Dabei kippte eine weitere aufgerissene Tüte Plätzchen um und ergoss ihren Inhalt in verschütteten Zuckerguss und auf den Fußboden.
  Wie eine wegwuselnde Ratte sauste die Kreatur durch die Küche, prallte gegen den Mülleimer, quiekte und verschwand mit auf den Fliesen kreischenden Krallen unter dem alten Büffetschrank. Zweimal zuckte der Schwanz noch, dann verschwand auch er.