Heißer Tip: Guédelon

Tor SpöttrupIch habe mit ihnen das Leben auf einem Bauernhof während der Tudor-Zeit, mitten im Victorianischen und Edwardischen Zeitalter ebenso „miterlebt“ wie auf einer Farm während des Zweiten Weltkriegs. Geschichtswissenschaftlerin Ruth Goodman und die Archäologen Peter Ginn, Alex Langlands und neu im Team Tom Pinfold unternehmen vor den laufenden Kameras von BBC jeweils eine Zeitreise. Liebevoll aufbereitete experimentelle Archäologie.

Kleidung, Wohnen, Kochen, Vorratshaltung, Handwerk, Umgang mit Tieren, Landwirtschaft und nebenbei immer ein wenig Hintergrund und nette Kleinigkeiten. Perfekte Mischung für mich.

Aber jetzt kommt der Hammer: Guédelon!

You Tube: Video des BBC mit Ruth Goodman

Wir bauen eine Burg! Das BBC-Team beleuchtet dabei nicht nur Arbeitsschritte, unterschiedliche Handwerke, Bauweise und Werkzeuge, sondern auch das Leben der Bauarbeiter, Unterbringung, Ernährung und praktische Versuche. HIER geht es zur ausführlichen BBC-Seite über diese neue Serie.

Wer wie ich Fantasy im groben Mittelaltersetting schreibt, kann nur jubeln. Alle anderen werden diese kleine, fünfteilige Serie hoffentlich ebenso begeistert verschlingen wie ich.

Inspiriertiere

Wer wie ich mit einer Menge Tiere zusammenlebt, kann im Notfall Blitzrecherchen machen, falls überraschende Problemstellungen im Roman aufkommen. So war es mir möglich, die Frage eines Autorenkollegen zum Thema Pferd rasch mittels eines spontan anberaumten Versuchsaufbaus zu beantworten: Klick

Aber manchmal sind die lieben Felligen auch Inspiriertiere. Schreibe ich über die Kriegspferde meiner Helden, so steht das Beispielross immer in Reichweite. Aus einem zierlichen Arabermix zaubere ich ein gewaltiges Streitpferd, in dessen Brust „ein furchtloses Herz und eine gemeine Seele“ wohnen. Japp, damit bist Du gemeint, Darius!

Odin 500Die letzten Monate hat mich das #Geheimprojekt begleitet. Fürchterlich geheim ist es nicht mehr. Der Titel lautet „Runenschicksal“, und der Roman erscheint zur Leipziger Buchmesse im Verlag Mondwolf. Bislang aber noch geheim ist mein Inspiriertier: Odin.

Nachdem meine Verlegerin mich heute anstupfte, ob der Roman eine Widmung bekommen soll, konnte ich nur mit „Ja, bitte!“ antworten.

Odin war ein Siberian Husky. Eine Rasse, die ich noch sehr „wolfig“ finde. Das geht los bei der deutlichen Körpersprache und dem schönen Mondheulen. Nagut, Odin heulte nicht den Mond an, aber wenn Sonnabend Mittag im Nachbardorf die Feuerwehrsirene getestet wurde, heulte er verschönernd und sehr laut mit. Er hasste (oder liebte?) das Klingelzeichen meines Telefons und heulte lauthals als Klingelverstärker mit. Egal wo ich mich auf dem Hof befand, ich wusste, dass da gerade jemand anruft!

In „Runenschicksal“ gibt es also einen Wolf (soviel darf ich verraten, heißt die Reihe doch „Mondgesang und Wolfsgeheul“), der einen Gutteil seines Charmes meinem lieben Odin verdankt.

Plädoyer für die Normseite

Die gute, alte Normseite. Alt ist sie wirklich, und nicht jedem erschließt sich, warum es genau so viele Zeilen und genau so viele Zeichen pro Zeile sind: Nämlich 30 Zeilen zu maximal exakt 60 Zeichen.

Die Normseite stammt noch aus den Zeiten der mechanischen Schreibmaschinen. Auch ich habe anfangs auf so einem alten Schatz getippt, allerdings mit minimalem Zeilenabstand, um mehr Text auf eine Seite quetschen zu können. Meine Maschine war winzig, eine alte Reiseschreibmaschine, die ich von meinem Oheim geschenkt bekam. Sie färbte die Zeilen gerecht halb rot und halb schwarz ein, eine andere Korrekturmöglichkeit als flüssiges Tippex oder das gleiche Zeug auf winzigen Blättchen gab es nicht. Korrekt eingestellt (also nicht mit winzigem Zeilenabstand, um Papier zu sparen) wirft eine Schreibmaschine eine Normseite aus, und mit dieser Normseite haben Autoren, Verlage und Lektoren zu rechnen gelernt. Sie ermöglicht die Einschätzung, wie dick das fertige Buch werden wird. Wie viele Normseiten auf eine Buchseite passen, hängt vom Satz ab.

Eines noch bringen die alten Schreibmaschinen mit in die heutige noch gebräuchliche Normseite: Nicht-proportionale Schrift. Damals gab es halt nur eine Type. Und die Maschine rückte nach jedem Anschlag exakt das gleiche Stückchen weiter. Moderne Schreibprogramme bringen eine Fülle von Schriftarten mit, und Experimentieren kann viel Spaß machen. Solange es keine Experimente an der Normseite sind, denn die funktioniert nur mit einer nicht-proportionalen Schrift, in der das i genauso viel Platz bekommt wie das m.

Simpler Vergleich:
Aluminium
Milliliter
Welches Wort ist länger? In den für den Buchdruck üblichen Schriftarten, die proportional jedem Buchstaben so viel Platz zuteilen, wie er benötigt, einem i also weniger Platz zugestehen als einem m, sieht Milliliter kürzer aus. Ist es aber nicht, wie eine Formatierung in z.B. Courier New umgehend beweist.

Noch ein wichtiger Faktor, der zur Normseitengestaltung beiträgt: Die Absatzkontrolle. Die bringen moderne Schreibprogramme nämlich mit, und sie macht auch Sinn, um Schusterjungen (wissen nicht, wo sie hingehen, sind also am Ende einer Buchseite eine einzelne Zeile) und Hurenkinder (wissen nicht, wo sie herkommen, sind also am Anfang einer Buchseite eine einzelne Zeile) zu vermeiden. Sieht im fertigen Buch einfach nicht gut aus und wird von Setzern liebevoll ausgemerzt. In der Normseite allerdings kommen sie vor! Also Absatzkontrolle ausschalten. Sonst haben wir Nicht- Normseiten, die mal 30, mal 29 Zeilen umfassen. Was der Berechenbarkeit des Manuskripts zuwiderläuft. In eine ähnliche Kategorie gehören vergessene Leerzeichen am Zeilenende vor der manuellen Zeilenschaltung (die nur bei Absatzende genutzt werden darf, nicht nach jeder Zeile wie das *kling ratsch* bei der Schreibmaschine!): Im schlimmsten Fall zwingt so ein anhängendes Leerzeichen nämlich ein Wort in die nächste Zeile, obwohl es in der davorstehenden noch Platz gehabt hätte. Pfriemelarbeit für den Setzer, denn unnötige Zeilen verlängern das fertige Druckwerk und kosten Geld.

Ich schreibe mittlerweile ausschließlich in Normseiten. Ich brauche keine verspielten Schriftarten oder Blümchen am Rand. Aber ich will wissen, wo ich von der Textlänge her stehe.

Die Normseite ist nicht hübsch. Das will sie auch gar nicht sein. Sie ist Berechnungsgrundlage und einfach ein allgemeines Maß. Unschön im linksbündigen Flattersatz (ja, auch Blocksatz ist unerwünscht!), keine ansehnliche Schrift, aber eine, die das Aufspüren von falschen Abständen auch ohne das Einblenden der nichtdruckbaren Zeichen (Leerzeichen, Zeilenschaltung) leicht macht. Silbentrennung – ob von Hand oder automatisch – ist übrigens auch nicht gewünscht.

Wer mir erzählt, dass er Normseiten nutzt, Courier New aber so hässlich findet, dass lieber Times New Roman benutzt, schreibt nicht in Normseiten. Und bei Ausschreibungen kamen mir mitunter auch schon die Tränen, wenn lang und breit erklärt wird, was eine Normseite ist, dass nur Texte in Normseitenformat angenommen werden – und dann als Empfehlung für die Schriftart Arial dasteht. Arial ist ebenso eine proportionale Schriftart wie Times New Roman.

Die Sackgasse des Todes

Oder: Hilfe, meine Geschichte klemmt!

Aufgrund einer Twitteranregung von Christina Schuhmann habe ich mal wieder laut gedacht:

Vorweg: Ich meine die kleinen Sackgassen, die einfach unterwegs auftauchen und Probleme mindestens auf der Höhe des Mount Everest vor dem Schreibenden auftürmen. Keine Rechercheprobleme (Ab wann gab es Streichhölzer? Können Pferde vier Stunden lang am Stück galoppieren? Nicht? Aber in den Westernfilmen …) oder ausgewachsene Plotfehler, wenn schon die Ausgangslage einen Denkfehler enthält, der die ganze Geschichte wie ein Kartenhaus zusammenplumpsen lässt.

Im aktuellen Projekt musste ich eine Nebenfigur umbringen, deren Hilfe ich eigentlich weiter hinten hätte gut gebrauchen können. Eigentlich, weil die Hauptfigur das auch gut alleine schaffen sollte. Leider ergaben sich vier kleine Probleme dabei, wie die Hauptfigur sich gewisse Materialien beschaffen sollte. Kleinkram, der aber ein wenig Gehirnschmalz benötigte.

Ich vertrete die These, dass es mindestens so viele Wege des Schreibens gibt wie Schreibende.
  Einer plottet dezidiert jedes Detail durch, macht die Recherche ordnungsliebend vor dem ersten Wort im neuen Manuskript und überlässt nicht das kleinste Fitzelchen dem Zufall.
  Jemand anderes sucht sich einen roten Faden, markiert auf der Landkarte der Geschichte die Hauptstraße, sucht vorerst nur die wichtigsten Recherchepunkte heraus und nimmt dann beim Schreiben bevorzugt einen Pfad über Seitengassen und Feldwege. Auftauchende Recherchelöcher werden unterwegs geschlossen.
  Ich stehe am Anfang nur mit einer Ausgangslage und meinem Heldenpaar da. Ich kenne das gewünschte Ende. Ein wenig, als ob ich auf einem Berg A (Ausgangslage) stehe und über ein nebeldampfendes Tal zu Berg Z (Ziel) gucke. Und dann stürze ich mich ins Getümmel, weiche Schlammlöchern aus, überquere Brücken über tiefe Schluchten, aus denen Wasserdampf empor quillt, finde mich in einem Urwald wieder und renne die ganze Zeit hinter meinem Heldenpaar her und schreibe wie wild, bevor die beiden mir weglaufen können.
  Das ist meine Art zu schreiben, weil sie mir spannend erscheint und mir keine aufregenden Details wegnimmt.

Aber egal, welcher Weg beschritten wird, es können die fiesen kleinen Problemchen auftauchen, die weder sorgfältige Planung noch Mal-gucken-was-passiert-Schreiber ganz vermeiden können. Und dann?

Was kann das alles sein? Plötzliche Namensfindungsstörungen: Wie nennt sich die Bande, die im Wald haust und Reisende überfällt? Wie glaubwürdig ist Szene A? Kann sich die alte Frau in Szene B verstecken? Wie kann Figur A zu Figur B Kontakt aufnehmen, ohne dass die halbe Stadt das mitkriegt? Wo kann ich etwas verstecken, damit es zwanzig Jahre unentdeckt bleibt, der Erbe es aber beim Besuch im Haus sofort findet? Lustige Erfindungen für Wasauchimmer-Punk als nette Randerscheinung der Geschichte. Und so weiter.

So wie es zahllose Wege des Schreibens gibt, gibt es bestimmt auch ebenso viele Wege, mit klemmenden Geschichten fertigzuwerden.
  1. Deus ex machina: Begriff aus dem Theaterspiel, wenn in der vertracktesten Lage einfach ein Gott von der Decke schwebte und mit einem Winken und einem Lächeln alles einrenkte. Die uneleganteste Lösung, und so taucht auch oft die Frage auf: Wenn ich das so und so mache, ist das dann ein DEM? Wollen wir vermeiden!
  2. Grübeln im stillen Kämmerlein: Geschichte verfluchen, Dokument schließen, Computer herunterfahren und den Rest des Tages mit dem Durchexerzieren diverser Lösungsmöglichkeiten verbringen. Kann frustrieren. Die Lösung kommt meistens ohnehin erst im Bett kurz vor dem Einschlafen. Oder in einem halben Jahr.
  3. Forenarbeit: Wir sind ja inzwischen alle irgendwie miteinander vernetzt. Warum also nicht die Forengemeinschaft um Hilfe bitten? Auf eine Fragestellung (ja, diese klar zu formulieren und auch wirklich den gesamten Hintergrund und alle Hindernisse anzugeben, ist eine Kunst. Schaffe ich auch nicht immer.) kommen alle möglichen Antworten. Lustige, traurige, Volltrefferantworten und welche, die weit übers Ziel hinausschießen oder irgendwie gar nicht helfen. Ihnen allen gemein ist, dass jemand anderes sich mit meinem Problem beschäftigt hat und mir helfen will. Dankeschön! Manchmal kommt die „richtige“ Antwort gar nicht, aber die auflaufenden Rückmeldungen helfen dem Schreibenden, sein Problem von vielen Seiten zu sehen – und schwupps kommt die Lösung wie von ganz alleine.
  4. Erzählen. Meine liebste Variante, zumal ich schwer telefonsüchtig bin, ich gebe es zu. Als ich so vor meinem Mount Everest stand und vor Ehrfurcht fast verging, rief ich eine Freundin an. Ich habe die ganze Geschichte erzählt, und während ich das tat, löste sich der Knoten mit einem Mal mit verschiedenen Möglichkeiten, die ich dann auch wieder erzählen konnte. So bekam ich eine direkte Rückmeldung zu meinen Lösungsvarianten, ob das gesamte Gebilde schlüssig wirkt. Oh, und außerdem haben wir sehr viel gelacht und eine Stunde lang Telefonspaß gehabt.

Wie löst Ihr solche Problemchen? Wie kriegt Ihr den Mount Everest klein?

Recherche und Inspiration: Burgen

Wir Schleswig-Holsteiner haben wenige noch sichtbare Burgen. Anders als in England oder Schottland, wo Besucher scheinbar alle zwei Meter über eine Burgruine stolpern, wurden hier Turmhügelburgen – eine ist wunderschön in der Nähe von Lütjenburg rekonstruiert worden – erbaut. Von diesem Burgtyp mit Holzturm auf künstlich aufgeschütterter Motte und Vorburg drumherum blieb nicht viel sichtbar. Das rechte Bild zeigt die Burgmotte der ersten Festung zu Bispens Hald in Dänemark.

 

 

 

 

Ich schreibe Fantasy, und ich habe ein klares Bild vor Augen, sobald ich an eine Burg denke. In vielen Variationen hat sich eine Festung, die ich schon als Kind besichtigen konnte und dabei jede Sekunde genoß, in meine Geschichten geschlichen:
Spöttrup