Statusmeldung September

Eins vorweg: Ich habe ein neues Auto. Ein neues altes Auto. So, das musste gesagt werden.

Jetzt stürzen wir uns auf den schreiberischen September, der mit einem Paukenschlag begann: Butter bei die Fische! Eine wundervoll norddeutsche Ausschreibung, an der ich mich mit einer Kurzgeschichte beteiligte und den zweiten Preis erhielt. Das durch die unermüdliche Arbeit der Jury entstandene Buch ist ein kleines Schmuckstück. Anders kann ich es nicht sagen.

Noch ein Paukenschlag direkt davor: „Missverstandene Monster“ im Verlag ohneohren. Eine eBook-Anthologie rund um die Kleinen, Großen, Klebrigen, Scheußlichen und auf jedenfall Missverstandenen. Sogar eine erste Rezension gibt es schon: KLICK.

Im September schrieb und beendete ich meinen Roman „Ein Ritter für Beriz“, der für eine Ausschreibung vorgesehen ist. Die ersten Betaleserrückmeldungen sind schon da, und es ist wundervoll, dass genau an den richtigen Stellen gekichert oder sogar starr entsetzt geweint wurde. Dankeschön! Im Oktober nehme ich die Überarbeitung vor, schaufel den Text dann auch auf meinen eReader und lese ein letztes Mal, bevor der Ritter und das naseweise Mädchen auf die Reise zum Verlag gehen. Aufregend wie immer!

Weiter: Ich werde heute mein #Geheimprojekt beenden. 100 Normseiten ist es derzeit stark. Ich denke, ein bißchen Zuwachs wird es noch bei der Überarbeitung bekommen.

Aktueller gibt es Informationen von mir oftmals auf Facebook. Einmal mal gucken.

Butter bei die Fische 2014

Hui! Ja, tut mir leid, ich muß mit einem unqualifizierten Ausruf anfangen. Aber von vorne: Die Union Bank und die Ostangler Versicherungen wollten für ihre Kunden und Mitarbeiter ein Geschenk der besonderen Art schaffen: einen Kurzgeschichtenband von Schleswig-Holsteinern für Schleswig-Holsteiner.
Dazu riefen sie einen Schreibwettbewerb aus, dem ich natürlich nicht widerstehen konnte. Meine Kurzgeschichte „Moorfeuer“ machte sich auf den Weg.

Eine junge frau flüchtet vor ihrem gewalttätigen Exfreund zu ihrer Familie in mein fiktionales Örtchen Klaxdonnersbüll. Mitten in ländlicher Einöde überfährt sie beinahe einen Hund, und als sie ihn von der Straße führen will, kommt der Ex angebraust und rammt ihr Auto in den Straßengraben. Es bleibt nur die Flucht durch das nächtliche Moor, wo Irrlichter den Weg weisen und der Hund die junge Frau begleitet – und beschützt …

Meine Geschichte wurde angenommen! Und es kommt noch besser. Gestern fuhr ich unter schwerem Mama-Begleitschutz zur Abendveranstaltung der Union Bank mit Vorstellung des Kurzgeschichtenbandes und Siegerehrung. Die besten drei der elf enthaltenen Geschichten sollten geehrt werden. Die Jury, bestehend aus Karin Buchholz (Autorin und Kolumnistin), Alice Pantermüller (Kinderbuchautorin), Ramona-Christina Schwarz (Union-Bank AG) und Sabine Segebrecht (Ostangler Versicherungen), stellte das Buch vor, und dann kam es zur Siegerehrung. Kurz wurde eine Laudatio abgehalten, dann die drei Siegergeschichten vorgelesen. Alice Pantemüller verlas meine. Mit wundervollen Betonungen, gespielter Atemlosigkeit und einem brutalen Brüllen für den Antagonisten. Vielen Dank!

Kurz und mehr als gut: Meine Kurzgeschichte hat den zweiten Platz gewonnen!

Die Sackgasse des Todes

Oder: Hilfe, meine Geschichte klemmt!

Aufgrund einer Twitteranregung von Christina Schuhmann habe ich mal wieder laut gedacht:

Vorweg: Ich meine die kleinen Sackgassen, die einfach unterwegs auftauchen und Probleme mindestens auf der Höhe des Mount Everest vor dem Schreibenden auftürmen. Keine Rechercheprobleme (Ab wann gab es Streichhölzer? Können Pferde vier Stunden lang am Stück galoppieren? Nicht? Aber in den Westernfilmen …) oder ausgewachsene Plotfehler, wenn schon die Ausgangslage einen Denkfehler enthält, der die ganze Geschichte wie ein Kartenhaus zusammenplumpsen lässt.

Im aktuellen Projekt musste ich eine Nebenfigur umbringen, deren Hilfe ich eigentlich weiter hinten hätte gut gebrauchen können. Eigentlich, weil die Hauptfigur das auch gut alleine schaffen sollte. Leider ergaben sich vier kleine Probleme dabei, wie die Hauptfigur sich gewisse Materialien beschaffen sollte. Kleinkram, der aber ein wenig Gehirnschmalz benötigte.

Ich vertrete die These, dass es mindestens so viele Wege des Schreibens gibt wie Schreibende.
  Einer plottet dezidiert jedes Detail durch, macht die Recherche ordnungsliebend vor dem ersten Wort im neuen Manuskript und überlässt nicht das kleinste Fitzelchen dem Zufall.
  Jemand anderes sucht sich einen roten Faden, markiert auf der Landkarte der Geschichte die Hauptstraße, sucht vorerst nur die wichtigsten Recherchepunkte heraus und nimmt dann beim Schreiben bevorzugt einen Pfad über Seitengassen und Feldwege. Auftauchende Recherchelöcher werden unterwegs geschlossen.
  Ich stehe am Anfang nur mit einer Ausgangslage und meinem Heldenpaar da. Ich kenne das gewünschte Ende. Ein wenig, als ob ich auf einem Berg A (Ausgangslage) stehe und über ein nebeldampfendes Tal zu Berg Z (Ziel) gucke. Und dann stürze ich mich ins Getümmel, weiche Schlammlöchern aus, überquere Brücken über tiefe Schluchten, aus denen Wasserdampf empor quillt, finde mich in einem Urwald wieder und renne die ganze Zeit hinter meinem Heldenpaar her und schreibe wie wild, bevor die beiden mir weglaufen können.
  Das ist meine Art zu schreiben, weil sie mir spannend erscheint und mir keine aufregenden Details wegnimmt.

Aber egal, welcher Weg beschritten wird, es können die fiesen kleinen Problemchen auftauchen, die weder sorgfältige Planung noch Mal-gucken-was-passiert-Schreiber ganz vermeiden können. Und dann?

Was kann das alles sein? Plötzliche Namensfindungsstörungen: Wie nennt sich die Bande, die im Wald haust und Reisende überfällt? Wie glaubwürdig ist Szene A? Kann sich die alte Frau in Szene B verstecken? Wie kann Figur A zu Figur B Kontakt aufnehmen, ohne dass die halbe Stadt das mitkriegt? Wo kann ich etwas verstecken, damit es zwanzig Jahre unentdeckt bleibt, der Erbe es aber beim Besuch im Haus sofort findet? Lustige Erfindungen für Wasauchimmer-Punk als nette Randerscheinung der Geschichte. Und so weiter.

So wie es zahllose Wege des Schreibens gibt, gibt es bestimmt auch ebenso viele Wege, mit klemmenden Geschichten fertigzuwerden.
  1. Deus ex machina: Begriff aus dem Theaterspiel, wenn in der vertracktesten Lage einfach ein Gott von der Decke schwebte und mit einem Winken und einem Lächeln alles einrenkte. Die uneleganteste Lösung, und so taucht auch oft die Frage auf: Wenn ich das so und so mache, ist das dann ein DEM? Wollen wir vermeiden!
  2. Grübeln im stillen Kämmerlein: Geschichte verfluchen, Dokument schließen, Computer herunterfahren und den Rest des Tages mit dem Durchexerzieren diverser Lösungsmöglichkeiten verbringen. Kann frustrieren. Die Lösung kommt meistens ohnehin erst im Bett kurz vor dem Einschlafen. Oder in einem halben Jahr.
  3. Forenarbeit: Wir sind ja inzwischen alle irgendwie miteinander vernetzt. Warum also nicht die Forengemeinschaft um Hilfe bitten? Auf eine Fragestellung (ja, diese klar zu formulieren und auch wirklich den gesamten Hintergrund und alle Hindernisse anzugeben, ist eine Kunst. Schaffe ich auch nicht immer.) kommen alle möglichen Antworten. Lustige, traurige, Volltrefferantworten und welche, die weit übers Ziel hinausschießen oder irgendwie gar nicht helfen. Ihnen allen gemein ist, dass jemand anderes sich mit meinem Problem beschäftigt hat und mir helfen will. Dankeschön! Manchmal kommt die „richtige“ Antwort gar nicht, aber die auflaufenden Rückmeldungen helfen dem Schreibenden, sein Problem von vielen Seiten zu sehen – und schwupps kommt die Lösung wie von ganz alleine.
  4. Erzählen. Meine liebste Variante, zumal ich schwer telefonsüchtig bin, ich gebe es zu. Als ich so vor meinem Mount Everest stand und vor Ehrfurcht fast verging, rief ich eine Freundin an. Ich habe die ganze Geschichte erzählt, und während ich das tat, löste sich der Knoten mit einem Mal mit verschiedenen Möglichkeiten, die ich dann auch wieder erzählen konnte. So bekam ich eine direkte Rückmeldung zu meinen Lösungsvarianten, ob das gesamte Gebilde schlüssig wirkt. Oh, und außerdem haben wir sehr viel gelacht und eine Stunde lang Telefonspaß gehabt.

Wie löst Ihr solche Problemchen? Wie kriegt Ihr den Mount Everest klein?

Schriftstellerische Abgründe

Autor*innen sind ein friedliches Völkchen. Solange sie alleine im stillen Kämmerchen schreiben – Tee, Duftteelicht und Schokolade in konsumfreundlicher Reichweite –, kennt nur die Suchhistorie ihres Internetbrowsers die Abgründe.

Je nach Genre und Gemeinheitsfähigkeit des Schreibenden weist diese Historie Suchbegriffe auf, die die NSA oder den KGB (ja, ich weiß, gibt es nicht mehr, aber die neue Abkürzung für die Nachfolgeorganisation ist nicht so schick griffig. Erwähnte ich, dass ich mit James Bond großgeworden bin? KGB, so!) durchaus aufhorchen lassen würden. Ich nenne nur mal ein paar Beispiele: Mord mit Haushaltsgegenständen. Wie lasse ich eine Leiche verschwinden? Platzt der Kopf, wenn man mit dem Streitkolben draufhaut? (Die Antwort lautet: Nein, hab ich ausprobiert. Mit einem Kohlkopf und einer Cantaloupe-Melone.) Verlauf einer Syphilis-Infektion. Wie lange dauert es, bis ein Mensch verblutet? Kann jemand mit einer verletzten Hauptschlagader noch ein paar Abschiedsworte äußern? Wie fühlt sich eine Gehirnerschütterung an? Blendung? Narbenbildung? Wunde ausbrennen? Amputation?

Autor*innen sind gemein. Ich behaupte sogar, Autor*innen sind gemeine Sadist*innen mit einer sadistischen Ader. Mindestens. Ich auch!

Besonders schockierend werden aber Autor*innen, wenn sie zu mehreren beisammensitzen und sich austauschen. Und irgendwann natürlich auf das jüngste Sterben, die letzte Verstümmelung oder so zu sprechen kommen.

Ich bin ja immer wieder überzeugt, dass irgendwann sehr streng guckende Spezialeinheiten vor meiner Tür stehen werden. Und vor der meiner Mail- oder Telefongesprächspartner*innen, mit denen ich mich über ein aktuelles Projekt austausche.

Bestes Beispiel gestern, als mir während eines Telefonats einfiel, was ich dringend notieren musste:
3. Geburtstag
Feuer
Jemanden umbringen
Kekse klauen.

Ich hoffe, dass mein Kugelschreiber keinen NSA-Chip eingebaut hat. Ich hoffe das wirklich.

Gespräche zwischen Autor*innen können folgende Sätze beinhalten:
„Es war mein erster Mord. Das war erfrischend aufregend.“
„Naja, er liegt da rum und stirbt.“
„Du, ich muss nach Hause. XY soll heute noch ins Gras beißen.“
„Ich musste sogar eine Träne wegzwinkern, als ich ihn umbrachte.“
„Er ist so malerisch gestorben.“
„Ich erkannte, dass sie überflüssig ist. Da habe ich sie einfach umgebracht.“
„XY watet gerade durch Blut. Nein, wirklich!“
„Ich habe XY vergiftet. Er merkt es schon. Ist aber zu spät, etwas dagegen zu tun.“
„Ich habe seine Eingeweide auf schätzungsweise sechs Quadratmeter verteilt. Hat Spaß gemacht.“

Ich bin sicher, dass Schokolade friedlich macht. Hat jemand welche für mich?

Neue Mode: das Subjektkomma

Ich habe keine Ahnung, wo das herkommt. Meine einzige Vermutung: Der Schreibende würde beim lauten Vorlesen nach dem Subjekt eine Pause machen, holt vielleicht Atem, möchte eine dramatische Betonung einlegen – wasauchimmer! – und leitet daraus ab: Sprechpause = Komma.

Das Subjektkomma habe ich in zahlreichen Kommentaren zu Onlineartikeln gesehen. In Beiträgen in Foren, in Leserbriefen und sogar auf einer Verlagsmeldung auf Facebook. Ja, viele Menschen setzen Kommata instinktiv nach Sprachmelodie und Bauchgefühl. Es muss ja auch nicht jeder erklären können, was ein Kausalsatz ist oder ein Temporalsatz. Aber im Augenblick habe ich das Gefühl, dass das Subjektkomma beinahe seuchenartig um sich greift.

Bundeskanzlerin Merkel, reist nach China.

Die neue PKW-Maut, ist nicht EU-konform.

Was macht das da? Was?

Ein Subjekt, so erkläre ich es gerne meinen Nachhilfeschülern, ist der Held des Satzes. Oder im Passivkonstrukt derjenige, dem etwas passiert. Das Prädikat ist das, was der Held tut oder was ihm passiert.

Susi küsst Peter.

Susi wird von Peter geküsst.

Ein Hauptsatz besteht immer aus Subjekt und Prädikat, und wenn sich da kein Nebensatz frech in die Mitte drängelt (Susi, die ihr Haar heute offen trägt, küsst Peter.), werden Subjekt und Prädikat niemals durch ein Komma getrennt. Auch nicht, wenn das Subjekt aus ganz vielen Wörtern besteht!

Das gesamte Kollegium der Peter-Franz-Wichtig-Schule applaudiert.

Alle fröhlichen Spieler der National-Elf und sämtliche bärtige Betreuer und Freunde spielen Ball.