Ein Millionär, ein Tankwart & ein Geist

Viele meine Kurzgeschichten und kürzeren Romane (zum Beispiel Winterglut und Jörn, die Du bei den Geschenkgeschichten findest) spielen in Klaxdonnersbüll. Das ist mein geheimes Kuhdorf ganz weit oben in Schleswig-Holstein.

Jetzt bin ich dorthin zurückgekehrt und habe Raphael, Jarl, einen roten Kater und ein Geheimnis im Gepäck.

Raphael ist märchenhaft reich und am Ende seiner Kräfte. Vor dem Burn-out flieht er in ein norddeutsches Kuhdorf. Dort hat er ein altes Haus gekauft. Raphael will es eigenhändig renovieren und hofft, dass er sich zwischen Tapetenrollen und Wandfarbe erholen und zu sich selbst zurückfinden kann. Natürlich inkognito.
Ehe die Realität ihn einholt, dass er noch nie eine Farbrolle in der der Hand gehalten hat, trifft er auf Jarl. Dieser humorvolle Überlebenskünstler ist bettelarm und hat schon in allen Nebenjobs dieser Welt gearbeitet. Immerhin kann er tapezieren. Und ist Balsam für Raphaels angegriffene Nerven.

Doch das alte Haus birgt mehr als abblätternde Farbe und scheußliche Tapeten. Etwas scheint darin sein Unwesen zu treiben …

Alle Links findest Du HIER.

Drachenbrodem – aus dem Nähkästchen geplaudert

Gestern habe ich auf Facebook und Twitter für jedes Like eine Hintergrundinformation zu Drachenbrodem ausgeplaudert. Schreiballtag, ein wenig über meine Helden, die Drachen und mehr. Hier ist nun alles einmal zusammengefasst:

In der Erstfassung hatte ich zwei Soldaten, die in einem von einem Drachen zerstörten Heerlager wieder zu sich kommen. Verschmähte Liebe und viele Sticheleien waren geplant.

Onkel Duden definiert „Brodem“ folgendermaßen: [üblen] Geruch ausströmender Dunst oder Dampf

Aravil ist Halbelf, eine Tatsache, auf der er besteht. Er stört sich sehr daran, wenn Menschen ihn als Elf bezeichnen. Immerhin hat er einen Bart! Sehen die das denn nicht?

Mein Autorenselbst ist eindeutig pyromanisch veranlagt. Von all meinen Magiern sind mir die Feuermagier immer die liebsten, und die Chance, eine ganze Siedlung via Drachenfeuer einzuebnen, konnte ich mir nicht entgehen lassen!

Ich habe wundervolle Livetickerleserinnen, die jeden Morgen ihr Häppchen frisch geschriebenen Roman bekommen. Die direkten Reaktionen spornen mich an und zeigen mir auch gleich, welche Szenen besonders gut funktionieren.

Ganz kryptisch: Ein Plumpsko spielt eine rettende Nebenrolle!

Meine Drachen haben zwei Köpfe, die sich mitunter Rat suchend ansehen oder einfach nur miteinander zanken.

Richter_innen reisen von der Hauptstadt in wochenlangen Touren durch das Reich und kümmern sich vor Ort – in Kneipen und Gemeindehäusern – um Rechtsprechung bei allen Streitigkeiten. Büttel Shirov ist mit Richterin Overa unterwegs und meint, schon jede Ausrede gehört zu haben.

Dieser Roman hatte mehrere Anläufe. Von Anfang an stand nur fest, dass ich zwei Männer, die sich nicht grün sind, aneinanderkette und von Drachen jagen lasse.

Ich habe zu Schreibbeginn immer ein ziemlich klares Bild vor Augen, wie meine Helden aussehen. Aravil war anfangs als Elf geplant, fest standen die roten Haare, die blauen Augen und die Sommersprossen sowie der schlanke, hochgewachsene Körperbau. Dann machte ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Model. Das mache ich immer schon vor Schreibbeginn, damit ich Einzelheiten an dem jungen Mann ausrichten kann, der später das Cover zieren wird. Und fand diesen zauberhaften Rotschopf, was Aravils Schicksal besiegelte: Er ist Halbelf!

Eine Weisheit lautet ja, dass man eine Gesellschaft danach beurteilen soll, wie sie mit ihren Gefangenen umgeht. Wenn es danach geht, ist Büttel Shirov ein Musterknabe. Nicht nur merkt er sich rasch, dass sein Gefangener kein Elf, sondern ein Halbelf ist, er behandelt Aravil mit einer Mischung aus angemessener Strenge und Höflichkeit. Sehr verwirrend!

Die Kette war auch Objekt eines Experiments, da Shirov Aravil ein Stückchen weit tragen muss. Wie lang muss die Kette sein, damit das klappt, ohne dass die beiden sich gegenseitig strangulieren oder einen Knoten bilden.
Antwort darauf: Ein Schal, mein Brüderchen und mein Sesselhocker (um den Größenunterschied auszugleichen), und ich wusste, dass etwa eine Armlänge ausreichend ist.

Aravil ist ein begnadeter Bogenschütze. Ich hab mich selbst mal im Rahmen eines „Waffenwochenendes für Autor_innen“ am Bogenschießen versucht, mir prompt die Sehne gegen den Unterarm geknallt und einen prächtigen Bluterguss als Rechercheergebnis verbucht.

Ich habe eine Vorliebe für Schneeromane. Schlauerweise schreibe ich diese meistens im Sommer als geistige Abkühlung. Da ich sie aber meistens im Herbst oder Winter herausbringe, friere ich dann bei den Druckfahnen noch einmal von Herzen mit meinen armen Helden mit.

Ich baue gerne kreuz und quer Namenscameos aus meinen anderen Romanen ein (und freue mich jedes Mal, wenn meine Betaleserinnen diese entdecken und feiern). Im ersten Kapitel tauchen gleich drei auf. Die Hunde der Jagdaufseher, die Aravil verfolgen, heißen Civo (nach der Kriegskatze aus „Juran“), Ruhk (nach dem Kuggel aus „Cajan“) und Zinno (nach dem alten Kriegshund aus“Shadac“).

Elfenschnupfen. Eine ganz und gar gefährliche Krankheit. Vor allem, wenn sie einen Halbelfen befällt. Oder so. Aravils gemeingefährlichen Elfenschnupfen verdanken wir Kristina Arnold, die, als ich ihr das erste Mal von Drachenbrodem erzählte, ganz fürchterlich verschnupft war und nicht alleine leiden wollte.

In Fantasyromanen wird viel Tee getrunken, wahrscheinlich, weil wir die Welt an das europäische Mittelalter anlehnen, ehe Kaffee zu uns kam. Weidenrindentee, Kräutertee aller Art. In Drachenbroden gibt es Flinnbeerentee, der schmeckt wenigstens und wurde in unserem gemeinsamen Rollenspiel von meiner lieben Freundin Sabrina Železný entdeckt!

Aravil gehört in meine Sparte „angeschmutzter Held“: Er ist Wilderer und schlägt sich mit dem Verkauf von Fleisch, Fell und Horn irgendwie durch. Es gibt immer jemanden, der günstig einkaufen will und keine dummen Fragen stellt.

Highlight beim Überarbeiten, nachdem meine Betaleserinnen sich energisch durch meine Geschichte gewühlt haben: Stellen, die von beiden mit sehr ähnlichen Kommentaren bedacht wurden. Sei es nun, dass sie sich beide an einer Formulierung stören oder einen der beiden Helden mit Mitleid übergießen oder sich über eine unangenehme Nebenfigur aufregen. Herrlich!

Aravil ist knapp zwei Meter groß, aber der festen Überzeugung, dass sein halb verhungerter Kinderblick Stein erweichen können muss. Tatsächlich liegt er damit gar nicht so falsch.

Aravil ist ein Findelkind und wuchs im Waisenheim auf. Alles, was er von seinen unbekannten Eltern hat, ist eine schwarze Perle, die er an einem Lederband um den Hals trägt.

Was mich verblüffte: Mein ordnungsliebender, gesetzter und sehr strenger Büttel ist begnadeter Schneeballwerfer. Das hab ich ihm anfangs wirklich nicht zugetraut.

Während der Schneekatastrophe 78/79 in Schleswig-Holstein war unsere Terrasse mit einer drei Meter hohen Schneewehe verschneit, die wir ausgehöhlt und als Geräteschuppen für Schlitten und Schneeschaufeln genutzt haben. Ein Teil dieser Erfahrungen ist auch im Roman zu finden.

Meine Drachen gibt es in unterschiedlichen Größen. Vom Fjordpony bis zum Modell Scheune. Sie haben zwei Köpfe, die sich mitunter um Futter zanken, in Notzeiten aber zusammenhalten – wenn Aravil gerade einen mit einem Pfeil gespickt hat zum Beispiel.

Ich musste zwischendurch eine Karte des Örtchens Gadon „malen“ (ich bin ja schon mit Strichmännchen überfordert), damit ich in dem kleinen Kaff nicht die Orientierung verliere, wo der Gefangenenturm, die Burg, die beiden Ausgangsstraßen, der Gebirgszug und vor allem der Drache sich befinden.

Im Schneewinter 78/79 war ich zehn und habe nur sehr liebevolle Erinnerungen. Den Stress und die Sorgen hatten die Erwachsenen. Ich habe Schneehöhlen mit den Nachbarjungs gebaut. Und ja, 78/79 spielt definitiv im Roman mit!

Der gemeine Elfenschnupfen war aus vielerlei Gründen dringend notwendig. Einer davon: Ein niesender Halbelf kann sich nicht unbedingt erfolgreich vor Verfolgern verbergen. Tut mir ja leid.

Livetickerleserin Lisande fordert immer sehr energisch, dass meine Helden – bevorzugt gemeinsam natürlich – ein heißes Bad bekommen. Wenn ich mir meine Romane so ansehe, setzt Lisande sich offensichtlich häufig durch. Ja, auch bei Drachenbrodem.

Eigentlich ist das ja ein Roman über die Olympischen Winterspiele, Schneeballschlachten, Bergsteigen und Eisrutschen inklusive.

Da fällt mir gerade ein, dass das Plumpsklo noch einen zweiten Auftritt hat. Dieses Mal nicht rettend.

Das Cover zu Drachenbrodem stammt wie immer von Sylvia von Cover für Dich. Nicht nur hat sie dem Model einen Pelzmantel angezogen und ihm das Ohr zauberhaft langgezogen, nein, sie hat ihm auch noch Schneeflöckchen in die Haare gezaubert (und beim Ausschneiden über unordentliche Locken geschimpft).

Da meine Romane alle in unterschiedlichen Welten spielen, bin ich höchst inkonsequent bei meinen Elfen. Mal habe ich kleine, fiese Krieger, die alles unter den Tisch saufen, was sich mit ihnen anlegt (Elfenstein), dann Überlebende einer alten Hochkultur (Meisterdiebe) oder versklavte Importware (Elfenwolf). Hochgewachsene Elfen spielen erstmals in Magierturm mit, und mein hochgewachsener Halbelf Aravil wird von reinblütigen Elfenfrauen deutlich überragt. Sprechen wir nicht darüber, was das mit seinem armen Ego macht.

Ich bin nicht nur eine pyromanische Autorin – ich bin auch anerkannte Heldenquälerin. Erwähnte ich schon, dass ich Helden mit Höhenangst mag?

Das Blau des Titelschriftzuges ist übrigens genau Aravils Augenfarbe. Ich bin immer wieder begeistert, wenn Sylvia und ich die richtigen Farben zusammen aussuchen.

Recherche am lebenden Objekt

Beim Wildern geschnappt findet Aravil sich in einer Kerkerzelle wieder und sieht der Ankunft einer reisenden Richterin bang entgegen, als das Schicksal in Gestalt eines Drachen zuschlägt. Leider, aber auch zu Aravils stiller Schadenfreude, ist er im wahrsten Sinne des Wortes an Shirov gekettet. Der schier unerschütterliche Büttel der Richterin will sich nicht davon abhalten lassen, irgendjemanden in Kenntnis zu setzen, dass da gerade eine Kleinstadt eingeäschert wurde. Und den Gefangenen muss er auch noch irgendwo abliefern, denkt er.

Aravil begreift rasch, dass er all seinen Einfallsreichtum aufbieten muss, um an Shirov hinter dem Panzer aus Pflichtbewusstsein heranzukommen. Dabei hören sie beständig das Windrauschen unter Drachenschwingen …

Ja, die Kette. Ich weiß, dass Aravil die Handschelle am rechten Handgelenk hat, Shirov am linken. Ich weiß, wie lang die Kette ist. Jetzt turnen meine Jungs im Gebirge herum, fallen in Felsspalten, klettern wieder heraus, Aravil hat eine gemeingefährliche Elfenerkältung …

Es wurde Zeit, nach Brüderchen zu rufen, ihm einen Schal in die Hand zu drücken, während ich das andere Ende hielt und auf meinen Sessel kletterte. Brüderchen kann so herrlich verwirrt gucken.

„So. Mal so rein theoretisch. Halt den Schal fest. Könntest du mich jetzt wie ein halbes Schwein schultern? Ohne dass wir uns gegenseitig mit der Kette erwürgen?“

„Welche Kette?“

„Der Schal. Du bist Shirov. Kannst du mich schultern? Reicht die Kettenlänge? Sonst muss ich das weiter vorne ändern.“

Die Kette reicht …

Fantasy und Recherche

Das klingt ja immer wieder mal durch: Im Genre Fantasy braucht autor keine Recherche. Ist ja sowieso alles ausgedacht und hat mit unserer Welt nichts zu tun.

Stimmt nicht!

Beispiel aus meinem Roman „Drakhall“: Ich beschrieb, wie Pfeile in einen Bösewicht einschlagen und dieser – als hätte ihn ein mittelgroßer Fels aus einer Schleuder erwischt – rückwärts geworfen wird. Eine befreundete Bogenschützin (und Autorin), die ich um Betahilfe gerade bei den Bogenszenen gebeten hatte, fragte daraufhin ganz trocken: „Willst du Hollywood oder Realismus?“

Ich entschied mich für Realismus!

Ich liebe Recherche. Time Team oder auch die Farm-Serie (BBC) mit Ruth Goodman und Peter Ginn (landwirtschaftlicher Kalender, Pflügen mit Ochsen und Pferden, Vorratshaltung, Kochen für Landarbeiter, Schafe scheren, Zusammenspiel Bauern und Kloster, alte Bräuche, Kleidung, Handwerk …) haben mich ein gutes Stück weitergebracht. Ich liebe Burgen, meine Schaukampfwaffen, authentische Mittelaltermärkte, den Siedlungsausschnitt von Haithabu und Museen.

Wer meine Heroic Romantic Fantasy (Schmachten & Schlachten, der Balanceakt zwischen Blutrot und Rosarot) kennt, weiß, dass ich Helden mitunter sehr kaputtspiele. Ich hab das Handbuch der Forensik und den Pschyrembel (Handbuch für den angehenden Hypochonder, wie ich es unartig auch nenne). Aber damit stoße ich mitunter auch wirklich an Grenzen.  Tut es weh, auf die eigenen Gedärme zu treten? Wo sollte ich den Speer nicht (und wenn doch, wie weit höchstens?) in meinen Helden piksen, wenn ich den Helden drei Tage später noch brauche? Welche Behandlungsmethoden (außer magischen, die ich aber gerne als Schummeln betrachte) kann ich auf mein an das Mittelalter angelehntes Setting übertragen?

Vorhang auf für Jürgen Eglseer! Er ist Notfallsanitäter und hat auf dem LitCamp2018 schon eine Session darüber gehalten, wie man Helden am Leben erhalten (oder auch nicht) und Bösewichter grandios abmurksen kann. Und jetzt geht er einen Schritt weiter: