Drabble

„Mount Everest“

Der Gipfel: Strahlend weiß unter azurblauem Himmel, die Krone des Himalajas, der majestätische Gipfel der Welt, der höchste Punkt der Welt. Mount Everest, welch harmonischer Klang für diesen großen Berg, diese Königskür für Bergsteiger. Ein Name für einen König!
Torg atmete Sauerstoff aus seiner Maske. Das Basislager lag tief unter ihm, im Geröllabhang dieses gigantischen Berges. Das Zwischenlager schmiegte sich an die schneeverkrustete Flanke dieses wundervollen Riesen. Er fühlte Euphorie: Gleich war er am Gipfel, auf dem höchsten Punkt seiner Karriere!
Er kletterte höher, berauscht von diesem Triumph.
„Grahhhh!“, machte der Yeti und schubste Torg beiseite. Das war sein Berg!

Drabble

IT

Regen hat sein Kostüm durchweicht. Kevin sieht zu, wie Wasser gurgelnd in den Gulli strömt. Dies ist Halloween, und alle rennen verkleidet herum, klingeln an Türen und erbetteln Süßes. Kevin schüttelt Wasser aus seinen Haaren. Seine Papiertüte mit Keksen, Schokolade und Geschenken ist schon ganz durchweicht.

„Hey“, ruft eine Stimme, und Kevin starrt in den Gulli. Da ist ein Clown! Im Gulli!

Sämtliche Alarmglocken klingeln in Kevins Kopf. Er sieht Blut und Tod vor seinem geistigen Auge, wirft sich herum und rennt weg.

„Verdammt“, sagt der Clown, „die haben alle zuviel Filme geguckt. Und kein Schwein hilft mir hier heraus!“

Drabble

Walkürenritt

Olaf Thorgilson erhob sich vom Schlachtfeld, stützte sich auf seine Kriegsaxt und sah sich suchend um, wer dieses Schlachtengetümmel überlebt hatte.

Erst als er Gesang vernahm und prachtvolle Frauen auf fliegenden Pferden sah, begriff Olaf. Er leistete also dem Aufruf einer Walküre Folge, die mit Donnerhall in der Stimme seinen Namen über das Schlachtfeld rief.

Erleichtert und im Wissen, dass Walhalla vor ihm lag, stieg er hinter der geballten Weiblichkeit auf und wartete. Nichts geschah. Das Pferd zitterte vor Anstrengung.

„Wir scheinen zu schwer zu sein“, sagte Olaf.

Die Walküre warf ihm einen bösen Blick zu. „Sag jetzt nichts Falsches!“

Manchmal werfe ich Pläne über den Haufen

Seit fast zwei Wochen laborierte ich an der Überarbeitung eines Romananfangs. Niedliche 75 Normseiten, sollte eigentlich ganz fix zu schaffen sein. Aber das tat es nicht, es zog sich wie Kaugummi und machte noch weniger Spaß.

Heute habe ich endlich begriffen, warum das so ist. Dieser Romananfang stammt von einem damals in Staffeln zu schreibenden Roman. Und er funktioniert nicht als ein Anfang! Zu begrenzend wirkten sich die damaligen Längenvorgaben aus, zu flach die Figuren, zu rasch die Handlung, ohne innehalten zu können, was die Handlung mit den Figuren eigentlich anstellt.

Erschwerend kommt hinzu, daß dieser Anfang auch schon drei Jahre auf dem Buckel hat, in denen mein Schreiben und ich uns reichlich weiterentwickelt haben.

Endlich habe ich mich also zu der Erkenntnis durchgerungen, daß einen solchen Anfang aufzumöbeln, zu polieren, zu ergänzen und teilweise umzuschreiben erheblich mehr Arbeit bedeutet, als alles über den Haufen zu werfen und bei Null anzufangen. Mehr Arbeit und ein qualitativ mich enttäuschendes Werk, wobei ich die Geschichte und die Figuren so liebe? Das kommt ja gar nicht in Frage.

Also Vorhang auf für den Neubeginn meines Wikingerromans "Odins Waisen" um den jungen Krieger Thorbrand, der in den Trümmern seines Heimatdorfs erwacht und zu Beginn gar nicht verstehen kann, was überhaupt geschehen ist. Es braucht andere Überlebende, die er in der entvölkerten Welt unter erschwerten Bedingungen aufstöbert, damit diese ihm mitteilen, daß der Weltenbrand Ragnarök den neun Welten zugestoßen ist. Nichts ist mehr so, wie es vorher war. Die Götter sind gefallen, und in der Welt der Menschen lauern ganz neue Gefahren … und Aussicht auf eine neue Weltenordnung.

Drabble

Alien – im Weltall hört niemand dich schreien …

Ripley rennt durch die Gänge des Raumschiffes. Hinter sich hört sie das Klappern der rasiermesserscharfen Klauen auf den Metallplatten. Sie rennt, bis sie das Gefühl hat, daß ihre Lunge kocht. Die Stimme des Schiffscomputers verkündet, daß alle Luftschleusen verschlossen sind. Sie prallt gegen ein Schott und dreht sich keuchend zu dem Alien um.
Die schwarze Kreatur bleibt stehen, wendet den augenlosen Schädel hin und her, um Ripley besser orten zu können. Geifer tropft aus den glasartigen Fängen.
Dann läßt es den roten Plüschball fallen, der vor Ripleys Füße rollt.
„Nagut, du Nervensäge, einmal werfe ich noch, dann muß ich arbeiten!“