Regionale Wörter

Ich liebe meine Betaleserinnen, und ich liebe es auch selbst, Geschichten von AutorenkollegInnen zu überarbeiten. Zum einen, weil ich als allererste einen Blick auf einen Roman vor der Veröffentlichung werfen darf, zum anderen, weil ich dabei auch immer etwas Neues lerne – auch über mein eigenes Schreiben.

Über Stolperfallen in der Fantastik (das richtige Wort im im richtigen Umfeld, nein, ich kann in einem nicht-irdischen Fantasysetting keine spartanischen Unterkünfte haben) hab ich mich ja schon mal begeistert ausgelassen.

Heute fiel mir wieder bewusst eine weitere sprachliche Besonderheit auf:  regionale Wörter.

Ich bin ein Kind des Nordens, und auch wenn Oma sehr liebevoll darauf geachtet hat, ihre Nachfahren vom bäuerlichen Platt fernzuhalten (Schade! Sehr schade!), hat sich doch einiges eingeschlichen. Tja, Oma, wer mit seinem Bruder fröhlich platt snackt, darf sich nicht wundern, wenn die Deern doch was aufschnappt! Ich weiß, dass Trecker keine Koseform für Traktor ist, sondern vom plattdeutschen Verb treck = ziehen kommt. Ich weiß, was ein Isenbohnpahlupandaldreier und ein Katteker sind.

Nun hat der Norden – wie jede andere Region auch – natürlich auch noch viele eigene Wörter. Plietsch (ich liebe es!) gehört ebenso dazu wie sich mopsen. Nein, da klaut sich niemand selbst, da langweilt sich jemand!

Und als Land zwischen den Meeren hat Schleswig-Holstein natürlich auch noch den nautischen Einschlag in die Sprache erhalten. Ich komm heute längs versteht auch nicht jeder, der nicht im Norden wohnt. Kommt von längsseits gehen beim Schiff. Gestern erfuhr ich dann, dass ein Zimmer aufklaren auch nicht allgemeinverständlich ist. Meine Ruhrpott-Betaleserin stolperte darüber. Da sie mir aber schon mal mit einer Waschkaue kam (das Wort hat es nicht in den Roman geschafft, ich musste zu sehr darüber lachen), ist das wohl ausgleichende Gerechtigkeit.

Wenn also eine irritierte Betaleserinnachfrage nach einem Wort oder Ausdruck kommt, führt mich der erste Weg zum Duden, ob das irgendwie nordisch sein könnte. Der zweite Weg in den Tintenzirkel, wo wir einen wundervollen Thread haben, ob ein Wort allgemein verständlich ist. Da tummeln sich herrliche Kuriositäten. Ein Wort, das im Roman geblieben ist, lautet pladdern. Es ging da um Blutspuren, und prasseln oder tröpfeln ist einfach nicht das gleiche. Außerdem hat pladdern – bei allem norddeutschen Flair – eine gewisse lautmalerische Qualität, die beim Verstehen helfen sollte.

Mit nicht-nordischen Autorenfreundinnen habe ich schon lange Telefongespräche damit verbracht, uns lustige Wörter an den Kopf zu werfen, um zu sehen, ob die jeweils andere weiß, was das denn nun wieder heißt.

Heute hatte ich wieder so ein Erlebnis, das mich stutzen ließ: schupsen (das schreibt sich für mich richtig schwer!), das ich nur als schubsen kenne. Aber: Duden kennt es, es ist korrekt – nur eben die süddeutsche Schreibart.

Und so bleibt der Balanceakt zwischen schönen Wörtern (ich bin nun einmal ein Kind des Nordens und liebe die Sprachbesonderheiten) und Verständlichkeit.